SGML-Grundlagen

Andreas Baumert

Die inneren Werte

SGML ist also einer Programmiersprache vergleichbar. Wie bei diesen Programmiersprachen sind auch Texte über SGML für Autoren und Redakteure oft schwer verständlich. Auf die Frage "wieviel muß ich von dem formalen Hintergrund verstehen, um dieses Werkzeug einsetzen zu können" gibt es unterschiedliche Antworten.

Autoren und Redakteure müssen einige Grundlagen kennen und sie müssen sich - was sicher der schwierigste Teil dieses Themas ist - von einigen vertrauten Konzepten trennen. Die entscheidende Veränderung betrifft den Begriff "Dokument".

Das traditionelle Verständnis des Dokuments bezieht sich - unter Berücksichtigung der heute üblichen Technik - auf die gedruckte Seite (Broschüre, Buch usw.) oder auf Material, das in anderer Form vorliegt (Ton-, Bilddokumente). Für die Veränderung, denen der Begriff des Dokuments unterworfen ist, habe ich zwei gleich treffende Bezeichnungen gefunden:

Das neue Dokument ist, wenn man diesen Bezeichnungen folgt, eine Kollektion von Informationen, die erst auf Zugriff - etwa durch Anwendungsprogramme - verwertbar wird.

Nehmen wir als Beispiel einen Lexikoneintrag über John F. Kennedy. Dieser Beitrag enthält Textinformationen, Fotos, Videosequenzen und Ton, in einem deutschen Lexikon die Szene vor dem Schöneberger Rathaus und natürlich den Satz "Ich bin ein Berliner". (126 KByte)

Dieser Beitrag ist ein - zunächst virtuelles - Dokument und kann auf dem PC angesehen und angehört werden. Ob und in welchem Ausmaß Ton- und Bildinformation wiedergegeben werden kann, hängt aber von den Leistungsmerkmalen des genutzten Rechners ab. Es ist immer das gleiche Dokument ("Information”), seine Repräsentation ("to be processed”) mag unterschiedlich sein. Natürlich kann man auch einen Druckbefehl erteilen, aber es werden wieder nur Komponenten des Dokuments auf Papier ausgegeben werden können. In diesem Sinn ist das Dokument virtuell.

"Der Unterschied zwischen Dokument und Prozeß ist so durchgängig und fundamental für SGML, daß man beide Begriffe und den Unterschied zwischen den Welten, für die sie stehen, genau verstehen muß. Prozeß steht für alles, das jemand mit einem Dokument machen möchte: Ansehen, Drucken, ..." Anm.

Das eigentliche Dokument ist eine Kollektion von Informationen, die mit Marken oder Auszeichnungen versehen sind. Diese Marken oder Auszeichnungen dienen dazu, daß Programme das Dokument zum Anschauen, Anhören, zum Nachschlagen usw. aufbereiten können.


Anmerkungen

Letzte Änderung: 16AUG12
www.recherche-und-text.de/wwwpubls/sgml04.html
Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt.
Sonderdruck für die Veranstaltung „Neue Medien“ der tekom-Regionalgruppe Rhein-Main,
28.-29. Oktober 1995 in Bad König Momart / Odenwald.

baumert@recherche-und-text.de